Dienstag, 5. Juni 2012

Europäische Union: Demokratisierung oder "Regierungszusammenarbeit"?

Vom Lissabonner Vertrag zum Fiskalpakt der EU-Staats- und Regierungschefs: Steht das Ende des europäischen Einigungsweges bevor oder rücken die EU-Mitglieder in einer Krise enger zusammen und sind zu weit reichenden Reformen bereit? Eine Publikation vom Mai 2012 der Friedrich-Ebert-Stiftung bietet Auskunft und Anregungen.

Gemeinschaftsmethode versus Regierungszusammenarbeit. Der Vertrag von Maastricht (1992) hatte eine aus drei Pfeilern bestehende institutionelle Struktur geschaffen und zwischen Gemeinschaftsmethode und Regierungszusammenarbeit unterschieden. Dieses institutionelle Gefüge und dessen Methoden galten bis zum Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon. Der Vertrag von Lissabon hebt die Drei-Pfeiler-Struktur zugunsten der Schaffung der Europäischen Union (EU) auf. Innerhalb der EU werden die Beschlüsse gemäß einem allgemeinen Rechtsverfahren, dem sogenannten „ordentlichen Gesetzgebungsverfahren“ gefasst. Bewegt sich das Pendel zurück?

Vertrag ohne Portefeuille. Im Zusammenhang mit der Verschuldungskrise sehen viele Beobachter existentielle Gefahren für das europäische Einigungsprojekt insgesamt. Häufig zitiert wird in diesem Zusammenhang der Satz von Bundeskanzlerin Merkel „Scheitert der Euro, scheitert Europa.“, mit dem sie am 6. September 2011 im Deutschen Bundestag eine Erweiterung des Euro-Rettungsschirms begründete. Gemeinsam mit dem damaligen französischen Staatspräsidenten Sarkozy setzte Merkel im Kreis der Staats- und Regierungschefs der Euro-Staaten neben den Rettungspaketen zur Stützung der Defizitländer weitreichende  vertragliche Vereinbarungen durch, die auf die Methode der Regierungszusammenarbeit außerhalb des EU-Vertragsrahmens beruhen.

Dieses Vorgehen hat zwei entscheidende Nachteile: Zum einen unterliegen Entscheidungen im Rahmen der Regierungszusammenarbeit der Einstimmigkeit, d.h. dass jeder Vertragspartner wichtige Entscheidungen verhindern kann. Zum andern ist der Einfluss der Parlamente bei einem derartigen intergouvernementalen Vorgehen deutlich begrenzt.

Der Autor.  Dr. Otto Schmuck, Leiter der Europa-Abteilung der Landesvertretung Rheinland-Pfalz in Berlin, Leiter des Arbeitskreises „Europa“ der Landeszentrale für politische Bildung RheinlandPfalz. Studium in Politikwissenschaften, Germanistik, Pädagogik und Geschichte an den Universitäten Bonn und Mainz. Von 1981 bis 1992 Mitarbeiter am Institut für Europäische Politik in Bonn, zuletzt als stellv. Direktor. Lehraufträge an den Universitäten Mainz, Köln und Berlin sowie am Europa-Kolleg Brügge.

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Siehe auch:



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Inhalt - Die Europäische Union zwischen Demokratisierung und Regierungszusammenarbeit : vom Lissaboner Vertrag zum Fiskalpakt der EU-Staats- und Regierungschefs
1. Die europäische Einigung - Erfolge nach dem Prinzip des tastenden Pragmatismus 2
2. Aufbruchstimmung mit der Zielperspektive Europäische Verfassung 4
3. Der Vertrag von Lissabon – erneut eine pragmatische Reformübereinkunft 5
4. Die Reformen durch den Vertrag von Lissabon 6
5. Die Stärkung des Europäischen Parlaments durch den Lissabonner Vertrag 9
6. Die gestärkte Rolle der nationalen Parlamente 10
7. Das Frühwarnsystem zur Subsidiaritätsüberwachung 11
8. Mehr Rechte für die Bürger: Das neue Instrument der Bürgerinitiative 13
9. Die Verschuldungskrise und die Rettungsmaßnahmen für den Euro 14
10. ESM und Fiskalpakt – Schritte in die falsche Richtung? 16
11. Perspektiven für mehr Demokratie und Handlungsfähigkeit in der EU 18
Literaturhinweise 21

Inhalt - Vom Euro-Krisenmanagement zu einer neuen politischen Architektur der EU?
1. Einleitung 3
2. Historische Erfahrungswerte und Dilemmata einer EU-Reform  4
3. Zur Problematik und den Perspektiven »differenzierter Integration«  6
Zwischen vertragsgestützter Flexibilität und zwischenstaatlichen Abkommen  7
Zunehmende Heterogenität erfordert zukünftig ein Mehr an differenzierter Integration  7
Zwischen offenem Gravitationsraum und nicht vertragsgebundenen Gruppenbildungen  8
Durch zwischenstaatliche Abkommen aus der Krise?  10
Ein Kerneuropa als Antwort auf die Krise?  10
4. Zum institutionellen Status quo und den demokratischen
Entwicklungsperspektiven der EU  11
Demokratisierung durch Parlamentarisierung . 11
Reformoptionen für mehr Demokratie  12
5. Probleme und Perspektiven der ökonomischen und
sozialpolitischen EU-Governance  13
Erweiterte Steuerungsformen  13
Sozialpolitisches Regieren (in) der EU: Sozialer Dialog und Offene Methode
der Koordinierung   14
6. Reformoptionen  17
Literatur  23