Samstag, 27. Oktober 2012

{News-Scanner} Nationale Scheinlösungen oder eine demokratisch legitimierte Einwanderungspolitik für Europa?

Meinungsumfragen zeigen, dass die Zahl der Zuwanderer fast immer systematisch überschätzt wird und dass sich die Befragten – unabhängig davon wie restriktiv die Zuwanderungspolitik in ihrem jeweiligen Land ist – immer noch weniger Zuwanderung wünschen. Gleichzeitig nimmt die Freizügigkeit in der EU der nationalen Politik die Kompetenz zur Steuerung europäischer Binnenwanderung.

Die unterschiedlichen Wahrnehmungen von Migration schaffen ein politisches Potenzial für Anti-Einwandererparteien, die meist am rechten Rand des traditionellen Parteienspektrums entstehen. Wahlerfolge solcher Parteien ziehen dann die politische Mitte in Migrationsfragen nach rechts. Bei konservativen und sozialdemokratischen Parteien führen solche Positionsveränderungen allerdings kaum je zu einer dauerhaften Rückgewinnung der an Rechtspopulisten verlorenen Wähler.

Die grösste politische Herausforderung ist daher nicht die Einwanderung selbst; diese eröffnet für Europa vielmehr nach wie vor unzureichend genützte Chancen. Die grösste politische Herausforderung ist es, demokratische Zustimmung für ein erfolgreiches europäisches Modell zu finden, statt nationale Scheinlösungen anzubieten, die angesichts der weit fortgeschrittenen europäischen Integration ohnehin nicht mehr greifen.

Wie diese Herausforderung bewältigt werden kann, diese Frage lässt sich weder durch empirische Fakten, noch durch allgemeine demokratische Prinzipien beantworten. Es ist eine genuin praktische Frage, die nur durch weitsichtiges und kluges politisches Handeln beantwortet werden kann.

Der Autor des Beitrages "Nationale Scheinlösungen oder eine demokratisch legitimierte Einwanderungspolitik für Europa?" in der Zeitschrift "terra cognita" No. 21/2012  ist Rainer Bauböck, Professor für Soziale und Politische Theorie am European University Institute in Florenz und Autor zahlreicher Publikationen zu Migrationsfragen. Der Beitrag ist die gekürzte Fassung des Referats, welches am 23. April 2012 anlässlich des Europa-Forums in Luzern gehalten wurde. Er steht als PDF-Download kostenlos zur Verfügung.

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