Donnerstag, 9. Januar 2014

Big Business Fleisch: Fleischatlas / Meat Atlas 2014 - Download in deutsch & englisch

Wie viele Tiere werden in der Welt geschlachtet? Wer profitiert vom billigen Fleisch? Welche Hormone landen ungewollt auf unserem Teller und wie viele Pestizide werden eingesetzt?

Die Heinrich-Böll-Stiftung, Le Monde Diplomatique und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) haben den "Fleischatlas 2014" mit Daten und Fakten zu den aktuellen Tendenzen im "Big Business Fleisch" veröffentlicht. Demnach werden bis Mitte dieses Jahrhunderts weltweit jährlich fast 470 Millionen Tonnen Fleisch – 150 Millionen Tonnen mehr als heute - produziert. Damit geht ein drastisch wachsender Flächenverbrauch für Futtermittel einher: Allein der Bedarf an Sojafuttermitteln zur Mästung der Schlachttiere würde von derzeit 260 Millionen auf über 500 Millionen Tonnen pro Jahr steigen.

Kolonialer Agrarmarkt. Nachdem der Fleischatlas 2013 gezeigt hat, welche Auswirkungen Europas Fleischkonsum auf die Schwellen- und Entwicklungsländer und aufs Klima hat, bringt der Fleischatlas 2014 Licht ins Dunkel des Big Business Fleisch – von Europa, über die USA bis hin zu den aufstrebenden Volkswirtschaften China und Indien.

Der expandierende Futtermittelanbau im Zuge des Fleisch-Booms führt darüber hinaus zu enormen Umweltbelastungen und negativen Auswirkungen auf die Menschen. Weltweit wandern über 40 Prozent bzw. rund 800 Millionen Tonnen der Ernte von Weizen, Roggen, Hafer und Mais direkt in die Futtertröge. Laut UN werden drei Viertel aller agrarischen Nutzflächen in irgendeiner Weise für die Tierfütterung beansprucht: Flächen, die effizienter für den Anbau von Nahrungsmitteln für den Menschen genutzt werden könnten. Zudem "kaufen" reiche Länder im großen Stil Anbauflächen im Ausland ein. Allein die europäische Fleischproduktion benötigt pro Jahr im Durchschnitt 13 Millionen Hektar südamerikanische Anbauflächen für Futtermittel.

Thematisiert werden unter anderem auch aktuelle Tendenzen beim Fleischkonsum in den Industriestaaten, das Landgrabbing in Entwicklungsländern und mögliche Auswirkungen des derzeit verhandelten USA-Europa-Freihandelsabkommens. Der Fleischatlas 2014 zeigt an konkreten Beispielen, dass jenseits der "Massenindustrie Fleisch" Alternativen möglich sind.

 [Faires Europa.]⇒ 
Lohnt sich ein Download? Ein Blick auf den Inhalt des FLEISCHATLAS 2014: 

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UNERSÄTTLICHER WELTMARKT In Asien findet im Schnelldurchgang ein  Wandel statt, den die Industrieländer längst hinter sich haben: Die Mittelschichten lösen eine Nachfrage aus, die mit dem Einsatz von Kapital und Technik bedient wird. Doch für Rinder ist jetzt weniger Platz als für Schweine und Hühner – vor allem aber boomen indische Büffel.

KONZENTRATION – DIE ZUKUNFT DER GLOBALISIERTEN INDUSTRIE Größenvorteile senken die Erzeugerpreise und steigern den Umsatz. Mit Zukäufen von Unternehmen stoßen die weltweit aktiven Fleischkonzerne unter die Größten der Lebenmittelbranche vor. Jetzt schlägt die Stunde der Banken, die auf
Rohstoffmärkten spekulieren, Kredite anbieten und weitere Fusionen planen.

FREIHÄNDLER WITTERN MORGENLUFT USA und EU verhandeln über ein neues  Handelsabkommen. Die Wunschliste der Industriekonzerne ist lang. Amerikaner möchten europäische Schutzvorschriften gegen Hormone, Antibiotika und Genmanipulationen aushebeln, Europas Fleischkonzerne hingegen endlich wieder Rindfleisch über den Atlanik verkaufen.

ROSAROT IM KÜHLREGAL Supermärkte mit Kühltruhen und Fast-Food-Ketten mit Qualitätsversprechen verändern das Einkaufen in den Städten der Boomländer. Die Städte wachsen so schnell, dass kleine Läden die Menschen nicht mehr versorgen können. Diese Aufgabe übernehmen kapitalstarke Lebensmittelketten.

IN DEN SCHLACHTHÖFEN DER WELT Das Töten von Tieren zur Herstellung von Nahrungsmitteln ist hoch industrialisiert. Die Schlachthöfe der globalen Konzerne verfügen über unvorstellbare Kapazitäten und liegen fern der Städte – Konsumenten sehen keine Verbindung mehr zwischen einem lebenden Tier und einem eingeschweißten Filet.

DEUTSCHES DUMPING-SCHLACHTEN Großbetriebe dominieren auch in Deutschland die Schlachthofbranche. Billiglöhne für die Leiharbeiter aus dem Osten der EU begünstigen weitereInvestitionen der Konzerne. Doch gegen noch mehr Mast- und Schlachtanlagen regt sich Widerstand.

TIERGENETIK: EINE HANDVOLL ARTEN FÜR DIE GANZE WELT Das Zuchtmaterial für die meisten Tiere in der industriellen Landwirtschaft stammt von einigen wenigen Firmen. Sie dominieren auch die Erforschung neuer Hochleistungsrassen. Dabei macht die zurückgehende genetische Vielfalt die Nutztiere anfälliger für Schädlinge, Krankheiten und Wetterextreme.

HORMONE – DER KAMPF UM DAS NEIN Hormonfleisch und -milch sollen in Europa  wieder zugelassen werden – darum bemühen sich die USA seit mehr als 25 Jahren. Dabei sind in der EU nur Wachstums-, nicht aber Sexualhormone verboten.

TIERFUTTER VERGEUDET ACKERLAND Drei Viertel aller agrarischen Nutzflächen werden heute in irgendeiner Weise für die Tierfütterung beansprucht. Dabei wären sie effizienter für die Produktion menschlicher Nahrungsmittel zu verwenden.

SCHNITZEL, WÜRSTCHEN, GLYPHOSAT Was essen die Tiere, die wir essen? Wenn Fleisch, Milch und Eier Rückstände von Pestiziden, Herbiziden oder Medikamenten enthalten, nehmen wir diese Stoffe womöglich auch zu uns. Zwar schützen Gesetze vor den gefährlichsten Substanzen, aber sie bieten auch Schlupflöcher und ermöglichen Grauzonen, wie das Beispiel Glyphosat zeigt.

ARGENTINIEN, DAS SOJA-REICH Die globale Nachfrage nach Tierfutter hat einen neuen Typ Farmer hervorgebracht und der Regierung in Buenos Aires enorme Steuereinnahmen verschafft. Der Strukturwandel in der Landwirtschaft hat soziale, ökologische und gesundheitliche Auswirkungen, die in der argentinischen Öffentlichkeit kaum diskutiert werden.

HÜHNER – WELTWEITER STEIGFLUG IN DIE FABRIK In den Industrieländern, wo die  Geflügelproduktion hoch industrialisiert ist, wird mittlerweile mehr Hühner- als Rindfleisch konsumiert. In Asien wird sich die Nachfrage vervielfachen. Hier endet die Zeit der Kleinproduzenten, Händler auf Fahrrädern und Lebendvogelmärkte.

DIE ZWEIFEL DER REICHEN In den Industrieländern scheint der Höhepunkt des Fleischbooms vorbei zu sein. Skandale haben die Konsumenten verunsichert, Informationen über die Folgen der Massentierhaltung sind weithin zugänglich. Aber Biofleisch bleibt für viele Menschen zu teuer, und neue Gütesiegel verwirren die Interessenten.

DIE NEUE HUNGRIGE MITTELKLASSE – VON RIO BIS SCHANGHAI Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – woher die Tiere und ihr Futter kommen sollen, um den künftigen Fleischkonsum in den fünf „Brics“-Ländern zu decken, weiß heute noch niemand.

URBANE TIERHALTUNG Tiere in der Stadt – für viele ein Widerspruch in sich. Gehören sie nicht aufs Land, jenseits von Lärm, Gestank und Luftverschmutzung? Und doch sind gerade sie für viele ärmere Stadtbewohner eine wichtige Lebensgrundlage, denn sie liefern preiswertere Nahrung als ihre Artgenossen auf dem Lande.

PROTEIN AUS GRAS UND GESTRÜPP Nomaden halten ihr Vieh auf Land, das für Nutzpflanzen ungeeignet ist. Sie produzieren große Mengen Nahrungsmittel und tragen zum Schutz der Natur bei. Aber sie erhalten zu wenig politische und rechtliche Unterstützung. Existenziell bedrohlich sind die Beschränkungen ihrer Wanderwirtschaft.

GUTE LEBENSMITTEL GESUCHT Bewusste Verbraucher in der reichen Welt erwarten Fleisch von hoher Qualität aus umweltfreundlicher, artgerechter Produktion. Als bewusste Akteure im Nahrungsmittelsystem können sie auch „solidarische Landwirtschaft“ treiben.

EINZELN UND GEMEINSAM TIERE, MENSCHEN UND UMWELT SCHÜTZEN Eine große Zahl von Organisationen und Netzwerken versucht naturgemäßere Agrarsysteme durchzusetzen. Individuelle Entscheidungen können zu anderen Arten der Ernährung führen. Am Ende entscheidet die Gesellschaft.

EINE SINNVOLLE EU-AGRAR-POLITIK Jahrzehntelang hat die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union die landwirtschaftliche Produktion verzerrt. Zu langsam wird sie umweltbewusster. Aber es ist auch eine GAP vorstellbar, die aktiv für eine sozial und ökologisch vertretbare Viehwirtschaft eintritt.

AUTOREN UND QUELLEN VON TEXTEN, KARTEN UND DATEN