Die EU-Kommission präsentierte eine plakative Mitteilung zu "Handel, Wachstum und Entwicklung. Eine maßgeschneiderte Handels- und Investitionspolitik für die bedürftigen Länder".
Die Vorschläge sehen aber eher danach aus, dass Europas Handels- und Wachstuminteressen gestärkt werden sollen und weniger eine nachhaltige ökonomische und soziale Entwicklung in Entwicklungsländern im Mittelpunkt der Überlegungen steht.
Petra Navara-Unterluggauer: "Die Reduktion auf Handel und Wachstum als solitäres Heilsmittel sollte eigentlich überwunden sein. Stattdessen wärmt man Rezepte auf, die schon vor Jahrzehnten nicht tauglich waren, soziale Entwicklung zu fördern", bedauert Petra Navara-Unterluggauer, Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung. "Eine kohärente Entwicklungspolitik muss mehr als Außenhandelsfragen beinhalten!"
Angesichts der dramatischen Veränderungen der globalen Wirtschaftslandschaft verliert nach Ansicht der EU-Kommission der Begriff 'Entwicklungsland' an Bedeutung. Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien gehören mittlerweile zu den größten Volkswirtschaften. Mehr als die Hälfte des Welthandels entfällt nun auf Entwicklungsländer. In den am wenigsten entwickelten Ländern (Least Developed Countries, LDCs) bleiben jedoch im Allgemeinen große Fortschritte in der Armutsreduktion aus, viele LDCs sind verstärkt von wenigen Exportgütern abhängig. Aus Sicht der EU-Kommission verliert der Begriff „Entwicklungsländer“ an Bedeutung, und es sollte innerhalb derer stärker differenziert werden. So sollten die Anstrengungen der EU verstärkt auf die ärmsten und am stärksten gefährdeten Länder gerichtet werden, während Schwellenländern auf beiderseitigen Interessen basierende Partnerschaften angeboten werden sollten.
Im Zentrum künftiger Unterstützung für die bedürftigsten Länder stehen bei der EU-Kommission rein technische Fragen wie 'globale Lieferketten', Handelsregulierungsfragen und andere 'nicht-tarifäre' Bereiche. Als Konsequenz soll die globale Handels-, Investitions- und Entwicklungspolitik auf diese veränderten Realitäten zugeschnitten werden. Als Vorbild, dem es nach Meinung der EU-Kommission nachzueifern gilt, werden immer wieder China, Indien und Brasilien genannt, die sich die Vorteile offener und zunehmend integrierter Weltmärkte zunutze machen konnten.
Robert Wade - Institut für Entwicklung der London School of Economics. Im Europäischen Parlament bezog Robert Wade vom Institut für Entwicklung der London School of Economics, kritisch Stellung. Auf die Frage, ob Handelsliberalisierung wirklich als Motor der Entwicklung diene, meinte Wade, dass die Entwicklung von Ländern in der Regel eine Handelsliberalisierung mit sich bringe, dies bedeute aber nicht zwangsläufig, dass Handelsliberalisierung die Triebfeder der Entwicklung ist. So sei ein kausaler Zusammenhang zwischen Handelsoffenheit und Wachstum nicht eindeutig erwiesen. Der Aufstieg Chinas als Werkbank der Welt sei problematisch. So nutzen billige chinesische Importe zwar lateinamerikanischen KonsumentInnen, jedoch nicht lateinamerikanischen ArbeitnehmerInnen, die von guten Arbeitsplätzen verdrängt werden. Aus der Perspektive einer lateinamerikanischen Regierung, beispielsweise der brasilianischen Regierung, hält Wade es für berechtigt, Maßnahmen zu ergreifen, die subtile Formen von Handelsschutzmaßnahmen beinhalten, um zu verhindern, dass billige chinesische Importe eigene Industrien wegfegen.
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