Freitag, 13. Juli 2012

EU-Kommission: Nur Liberalisierung zugunsten der Copyright Industrien?

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Hängt es mit dem Scheitern von ACTA zusammen? Jedenfalls hat die Europäische Kommission nun Maßnahmen vorgeschlagen, mit denen die Verwertungsgesellschaften modernisiert und Anreize zur Förderung ihrer Transparenz und Effizienz geschaffen werden sollen. 

Binnenmarktideologie. Im Prinzip sind die Vorschläge nichts anderes als eine Binnenmarktliberalisierung bei den Verwertungsgesellschaften und Förderung der Konzentration auf die starken Urheberrechtsgesellschaften. Die kleineren der nationalen Gesellschaften werden über kurz oder lang auf der Strecke bleiben. Die Binnenmarktpolitiker stören nämlich die traditionellen Vertriebsnetze für audiovisuelle Inhalte und halten sie für eine Beschränkung. Dass allein schon Sprachgrenzen für  audio(!)visuelle Produkte eine Schranke sein könnten debeb auch die Vertriebsorganisation entspricht, wird erst gar nicht angedacht.  So wird bemängelt, dass die Vertriebsnetze  in ihrer Reichweite national ausgerichtet sind: Rundfunk- und Kabelnetze bedienen in erster Linie das nationale Publikum oder bestimmte Sprachgebiete. Audiovisuelle Inhalte, vor allem Filme, werden oft sowohl als kulturelles als auch als wirtschaftliches Produkt angesehen, das an  den nationalen Kontext und kulturelle Vorlieben gebunden ist.

Die Kommissionsüberlegungen. Neue digitale Technologien eröffnen Kulturschaffenden, Verbrauchern und Unternehmen gleichermaßen vielversprechende Möglichkeiten. Die erhöhte Nachfrage nach online verfügbaren kulturellen Gütern (Musik, Filmen, Büchern usw.) kennt keine Ländergrenzen oder nationalen Beschränkungen. Gleiches gilt für die Online-Dienste, die diese anbieten. Hier kommen nun die Verwertungsgesellschaften ins Spiel: Insbesondere im Musiksektor verwalten sie kollektiv die Lizenzvergabe für die Online-Nutzung urheberrechtlich geschützter Musikstücke im Namen der Liedtexter und Komponisten, erheben die entsprechenden Nutzungsgebühren und schütten die Nutzungsgebühren an sie aus.

Einige Verwertungsgesellschaften haben jedoch Mühe, sich den Anforderungen der Verwaltung von Online-Nutzungsrechten an Musikstücken anzupassen, vor allem in einem länderübergreifenden Kontext. Der heutige Vorschlag wird auch zur Folge haben, dass diejenigen Verwertungsgesellschaften, die bereit sind, multiterritoriale Nutzungsrechte für ihr Repertoire zu vergeben, entsprechende europäische Standards einhalten müssen. Dies würde es Diensteanbietern einfacher machen, die erforderlichen Nutzungsrechte für Musik, die EU-weit online angeboten werden soll, zu erwerben und zu gewährleisten, dass die Gebühren ordnungsgemäß erhoben und den Liedtextern und Komponisten gerecht zugeschlagen werden.

Generell müssten die Verwertungsgesellschaften aller Sektoren neue europäische Standards einhalten, die ein besseres Management und eine größere Transparenz bei der Durchführung ihrer Tätigkeiten vorsehen. Wie nötig Änderungen sind, zeigten jüngste Fälle, in denen Gelder aus Nutzungsgebühren, die im Auftrag der Rechteinhaber erhoben wurden, aufgrund einer schlechten Investitionspolitik verloren gingen, aber auch Beispiele stark verspäteter Auszahlungen an die Rechteinhaber.

Kernpunkte der vorgeschlagenen Richtlinie sind zwei korrespondierende Ziele:

• Mehr Transparenz und ein verbessertes Management der Verwertungsgesellschaften durch verstärkte Berichterstattungspflichten und Kontrolle der Rechteinhaber über deren Tätigkeiten zu fördern, sodass Anreize für mehr Innovation und eine bessere Qualität der Dienste geschaffen werden.
• Ausgehend davon insbesondere die multimultiterritoriale und repertoireübergreifende Vergabe von Urhebernutzungsrechten an Musikstücken für die Online-Verbreitung in der EU/im EWR zu fördern und zu erleichtern.

Erklärtermaßen erwartet man dies:

• Die Rechteinhaber hätten ein direktes Mitspracherecht bei der Verwaltung ihrer Rechte, würden schneller vergütet und erhielten ein gesetzlich verankertes Anrecht auf die Wahl der für ihre Zwecke am besten geeigneten Verwertungsgesellschaft. Dies würde zu einem besseren Schutz der Interessen der Rechteinhaber führen und auch zu einer verbesserten Verfügbarkeit kultureller Güter für Verbraucher.
• Die neuen Vorschriften würden die Arbeitsweise der Verwertungsgesellschaften in Europa verändern, zum Beispiel durch neue Anforderungen wie eine verbesserte Verwaltung der Repertoires, schnellere Auszahlungen an die Mitglieder, Transparenz bei den Einnahmen aus der Verwertung von Rechten, ein jährlicher Transparenzbericht und zusätzliche spezifische Informationen für die Rechteinhaber und ihre Geschäftspartner (z. B. andere Verwertungsgesellschaften). Die Mitgliedstaaten würden Mechanismen zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Verwertungsgesellschaften und Rechteinhabern einrichten. Verbesserte Standards und Verfahren sollten zu effizienteren Verwertungsgesellschaften führen und das Vertrauen in ihre Tätigkeiten erhöhen.
• Die multiterritoriale Vergabe von Urhebernutzungsrechten für die länderübergreifende Verbreitung von Musik über das Internet würde auf diese Weise erleichtert werden, aber auch der Notwendigkeit des Nachweises der technischen Kapazitäten für eine effiziente Umsetzung unterworfen. Dies würde den Urhebern, den Internet-Diensteanbietern und den Bürgern gleichermaßen zu Gute kommen.

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